The 2007 critical edition of Ahmed Bican’s cosmography Dürr-i meknûn
(DM) has greatly stimulated interest in what must be considered the
book’s prequel, Eindtijd en Antichrist (English summary), a detailed analysis of DM’s
Chapter 17 about the ‘Signs of the Hour’.
To meet demand a revised English edition of Eindtijd en Antichrist
will be published in the course of 2011:
Titel: |
Apocalypse and the Antichrist Dajjal in Islam. Ahmed Bijan's Eschatology Revisited |
Autor: |
Laban Kaptein |
Jahr: |
2011 |
ISBN: |
97-89-08160961-6 |
Herausgeber: |
Laban Kaptein, Asch (Selbstverlag) |
Sprache: |
Englisch |
Einband: |
Taschenbuch, ca. 248 Seiten |
2007 ist die erste kritische Textedition der türkischen Kosmographie Dürr-i Meknûn des berühmten Derwischs Ahmed Bican (Ahmed Bidjan, Bijan) Yazıcıoğlu erschienen. Die Veröffentlichung dieses im 15. Jahrhundert verfaßten Werks durch den niederländischen Turkologen Laban Kaptein stellt einen Meilenstein für die Erforschung von Sprache und Kultur der frühosmanischen Zeit dar. Die Dürr-i Meknûn, ›Die verborgene Perle‹, ist in jeder Hinsicht eine Schatztruhe voll besonderen, mitunter verborgen gebliebenen Materials, wie z. B. Passagen über den Hirschkult und eine Sintfluterzählung.
Der Derwisch und Gelehrte Ahmed Bican († ca. 1466) war ein Verfechter der türkischen Volkssprache. Er schrieb ausnahmslos auf Türkisch und erwarb sich wie kein anderer Verdienste als Übersetzer und Kompilator von Unterhaltungsliteratur auf der Grundlage von im seinerzeit dominierenden Arabisch verfaßten Werken. Generell gilt er als einer der wichtigsten Ahnherren der türkischen Kultur. Die bekannte Gründungslegende von Istanbul geht beispielsweise auf seine Dürr-i Meknûn zurück.
In diesem Werk, das nun erstmalig in einer wissenschaftlichen Edition erscheint, behandelt Bican die Welt seit ihrer Schöpfung nach kosmographischer Tradition. Auf Einzelheiten über die Himmelskörper folgen Erzählungen über alte Völker, Propheten und Gottesstrafen, Abhandlungen über wunderwirkende Steine und Figuren, Pflanzen mit Zauber- und Heilkräften sowie Beschreibungen von Fabeltieren. Weiterhin erteilt Bican ›Informationen‹ über ferne Länder, Meere und Inseln mit seltsamen Bewohnern (z. B. den Cynocephali), um mit den Schrecken zu schließen, die uns in der Endzeit erwarten.
Eine bemerkenswerte Passage ist die persönliche Tirade des Verfassers gegen den in seinem Umfeld ausgeübten Hirsch- und Quellenkult, ein im Osmanischen Reich offen betriebener heidnischer Kult. Eine weitere ›Perle‹ ist die Erzählung über Ken‘an, einen der Söhne von Nuh (Noah). Dieser weigert sich, in die Arche zu steigen, und will die Sintflut statt dessen in einer selbstgebauten Taucherglocke überstehen. Gott straft Ken‘an ob dieses Ungehorsams mit einer übernatürlichen Blasenentzündung, woraufhin dieser, in seiner Erfindung eingeschlossen, im eigenen Urin ertrinkt.
Die Ausgabe enthält den in Paragraphen (§) eingeteilten Gesamttext der Dürr-i Meknûn in osmanischer Schrift, versehen mit kritischem Apparat, Register, Paraphrase und ausführlichen deutschen Kommentaren. Des weiteren enthält das Buch eine neue, umfassende Besprechung des Forschungsstandes, die u. a. neue Materialien zu den sogenannten ›Jeunes de Langue‹ Joseph Brüe, Alexandre Philibert Deval und Étienne Roboly einschließt, welche zu Beginn des 18. Jahrhunderts einige Kapitel der Dürr-i Meknûn übersetzten.
Die Dürr-i Meknûn hat durch ihren Umfang und ihre Vielseitigkeit gleichfalls lexikographische Relevanz. Daher werden in dieser Ausgabe systematisch die Sprachmerkmale Bicans beleuchtet.
Aus dem Leben des Ahmed Bican ist nur wenig bekannt. Wir wissen, daß er dem religiösen Bayramiyye-Orden angehörte und aus Gelibolu (Gallipoli) stammte. Aufgrund seiner strengen Lebensweise neben dem religiösen Fasten empfahl er die Opferung der Nachtruhe wurde er ›Bican‹, der Leblose, genannt. Unter diesem Beinamen ging er schließlich in die Geschichte ein. Sein Todesjahr wird um 1466 vermutet.
Mag Ahmed Bican auch bleich und mager ausgesehen haben, er sprühte vor Lebenskraft und Tatendrang. Erfolgreich brachte er religiöse und enzyklopädische Werke heraus, die über Jahrhunderte hinweg immer wieder abgeschrieben und gedruckt wurden. Sein bekanntestes Buch ist zweifellos das Envârü’l- ‘âşıkîn, ein volkstümlich-religiöses Werk, das bis ins 20. Jahrhundert hinein eine große Leserschaft hatte.
Ahmed Bican entstammte einer literarischen Familie. Sowohl sein Vater, Salih Yazıcı, als auch sein älterer Bruder Mehmed, Verfasser des berühmten Muhammediyye, waren bedeutende Schriftsteller. Die Grabstätten und Meditationszellen Ahmeds und Mehmeds in Gelibolu sind noch heute eine Touristenattraktion. Dies ändert jedoch nichts an der Tatsache, daß über das Leben und Wirken dieser wichtigen Autoren nahezu nichts bekannt ist. Weiterführende Forschungen würden unser Wissen über das Altosmanische und die frühosmanische Zeit wesentlich bereichern.
Laban Kaptein veröffentlichte 1997 mit seiner Dissertation Eindtijd en Antichrist die erste vollständig Ahmed Bican und der Dürr-i Meknûn gewidmete Monographie. Im Mittelpunkt dieser Abhandlung steht Kapitel 17, das sich mit der Endzeit und insbesondere dem noch wenig erforschten islamischen Antichristen, dem schrecklichen Deccal, auseinandersetzt. Die hier dargebotene Analyse von Topoi und Motiven aus der Endzeitgeschichte bietet einen gänzlich neuen, kritischeren Ansatz im Umgang mit Werken der islamischen Eschatologie.
In seiner Dissertation, die ein Faksimile des Textes von Kapitel 17 mit kritischem Kommentar und Übersetzung enthält, erachtet Kaptein eine Komplettausgabe der Dürr-i Meknûn für wünschenswert. Mit der jetzt vorliegenden Edition löst er ein akademisches Versprechen ein.
Hunderte großer Werke aus dem goldenen Zeitalter der türkischen Kultur warten noch auf wissenschaftliche Erschließung. Akademische Forschungen im Rahmen von Türkei- und Mitteloststudien konzentrieren sich indes stärker auf den modernen Islam sowie auf journalistische Themen, während das Interesse an der reichen Vergangenheit oder gar der Erschließung alter Quellen stetig nachläßt. Es war daher unmöglich, von einem niederländischen Institut auch nur die kleinste nennenswerte finanzielle Unterstützung für dieses Projekt zu erhalten. Die langwierige Forschungsarbeit erfolgte in der Freizeit und wurde gänzlich aus eigenen Mitteln bestritten.